Open source software

Pro und Kontra Open-Source-Software

Die technische Entwicklung im Softwarebereich geht immer weiter. Auch Open-Source-Software wird zunehmend professioneller und so wird der Einsatz dieser Produkte in vielen Firmen auch für geschäftskritische Anwendungen diskutiert. Freilich geht es gerade in der aktuellen Zeit auch um den vermeintlichen Kostenvorteil. Der Einsatz von Open Source muss aber genauso geplant und vorbereitet werden wie der der kommerziellen Software. In diesem Beitrag werden die häufigsten Irrtümer und Fehleinschätzungen im Zusammenhang mit Open-Source-Lösungen beleuchtet. Dabei richtet sich der Artikel vor allem an IT-Verantwortliche und soll bei der Entscheidungsfindung für oder wider Open Source helfen.

Schlagworte wie „kostenlos“, „mangelnde Sicherheit und Zuverlässigkeit“, „Innovationsbremse“ und so weiter sind in diesem Zusammenhang oft zu hören. Doch was stimmt und was stimmt nicht?

Open Source ist immer kostenlos?

Bei kommerzieller oder auch Closed-Source-Software hat sich der Anwender an die Kosten für Lizenzen, Wartung, Implementierung und Customizing gewöhnt. Bei Open Source erwartet kaum jemand große Investitionen, denn es fallen keine direkten Kosten für die Lizenz an. Neben den kostenfreien „Community-Versionen“ werden aber immer häufiger kostenpflichtige Versionen mit erweitertem Funktionsumfang angeboten (Enterprise oder Professional Edition).

Häufig wird in diesem Zusammenhang auch vergessen, dass der kontinuierliche Support, ohne den es im Alltag nicht gehen wird, weitere Kosten nach sich zieht. Erfahrungsgemäß ist der Aufwand für die Implementierung bei der vermeintlich „kostenlosen Software“ häufig höher, da es sehr schwierig ist, qualifizierte Experten zu finden. Selbstverständlich gibt es mittlerweile auch Open-Source-Software, die eine gewisse „Marktreife“ erlangt hat, jedoch müssen verschiedene Punkte unbedingt im Vorfeld überdacht werden.

Eigenentwicklung mit Open Source oder Kauf von der Stange?

Vor einem Open-Source-Projekt sollte man sich fragen, ob die Fähigkeiten und Ressourcen zur Anpassung, Implementierung und Integration der Software, an eigenem Personal zur Verfügung stehen bzw. was der Zukauf dieser Dienstleistung kostet. In diesem Zusammenhang mag die Eigenentwicklung mit OS auf den ersten Blick funktionieren, führt aber bei fehlendem Know-how sowie fehlenden Ressourcen schnell in eine Sackgasse. Aus erfolglosem Herumprobieren wird dann oft Frustration, welche zu einer grundlegenden Infragestellung von Open Source führt.

Open-Source-Projekte brauchen Zeit und stellen hohe Anforderungen an die Kenntnisse der Mitarbeiter. Schnelle Projekterfolge sind stark vom Wissen der Mitarbeiter abhängig. Ignoriert man diese Tatsache, besteht die große Gefahr, dass das Projekt scheitert. Dies gilt vor allem für den Einsatz von Community-Versionen ohne Support. Noch komplexer wird es, wenn mehrere Open-Source-Tools in einer größeren gemeinsamen Lösung zusammenarbeiten müssen.

Die Kombination aus externer Betreuung während der Projektkonzeption und die Umsetzung durch einen Partner, der sowohl die Schulung als auch die Übergabe an die Mitarbeiter übernimmt, hat sich bewährt. Service- und Supportverträge mit den Open-Source-Entwicklern und Integrationspartnern garantieren zusätzlich den Aufbau von Know-how bei Ihren Mitarbeitern und damit den Erfolg Ihres Projekts.

Unzuverlässig und unprofessionell?

Gerade die Tatsache, dass der Entwicklungsprozess bei Open Source ohne einen steuernden Hersteller auskommt, ist vielen immer noch suspekt. Sein Vorteil ist aber, dass sich die Gestaltungsmöglichkeiten von einem allein bestimmenden Hersteller zum Nutzer verschieben.

Viele Beispiele wie der Apache Webserver, Open Office usw. zeigen, dass es funktionieren kann. Die einst „chaotische“ Open-Source-Community wird mittlerweile durch entsprechende Qualitätssicherungsmaßnahmen ergänzt. Gerade die „Enterprise-Versionen“ bieten Supportmodelle oder Komplettpakete. Unternehmen und sogar Staaten haben diese Entwicklung erkannt und sind auf den innovativen Zug aufgesprungen, indem sie bereits erfolgreich Projekte umgesetzt haben. Open Source kann heute also nicht mehr als „unprofessionell“ bezeichnet werden.

Open Source wird immer wieder damit konfrontiert, dass es unzuverlässig sei und dass es keinen Support gäbe. Doch es gibt längst professionellen Support von den Integrationspartnern und Herstellern, der natürlich bezahlt werden muss. Zu erwähnen ist dabei, dass große kommerzielle Hersteller etwas mehr wirtschaftliche Stabilität bieten und dadurch für gleichbleibende Produktqualität sorgen, was gerade im Geschäftsleben nicht zu unterschätzen ist.
Selbstverständlich kann auch ein kommerzieller Hersteller in Konkurs gehen oder ein Produkt einstellen. Pauschal kann man also nicht sagen, dass Open-Source-Software unzuverlässig ist, vielmehr kommt es hierbei auf das einzelne Produkt und die beteiligten Partner und Firmen an.

Open-Source-Herstellern ist bewusst, dass guter Support eine essentielle Eigenschaft ist, um auf dem Markt bestehen zu können. Deshalb bieten viele Hersteller kostenpflichtige Supportleistungen für Geschäftskunden an, welche häufig durch Angebote der Partner und Integrationsdienstleister ergänzt werden.

Open Source ist nur etwas für Techniker?

Wer das behauptet, unterscheidet nicht zwischen technischer Umsetzung und der eigentlichen Bedienbarkeit der Businesslösung. Wenn objektiv betrachtet wird, ob die Anforderungen von Software eher durch Closed Source oder Open Source erfüllt werden, ist die technische Beurteilung nicht mehr allein entscheidend. Beispielsweise würde niemand bei Einführung eines ERP-Systems nur mit der IT-Abteilung darüber sprechen, was technisch das Beste ist. Ein wesentlicher Punkt ist selbstverständlich auch die fachliche Beurteilung des Leistungsumfangs der Software durch die verschiedenen Fachabteilungen. Es ist also durchaus denkbar, dass Open Source auf der technischen Seite höheren Aufwand für die IT-Abteilung bedeutet, dieser Aufwand aber durch bessere Bedienbarkeit und mehr Funktionalität für die Mitarbeiter wieder ausgeglichen wird.

Häufig ist es im Alltag so, dass ohnehin Dienstleister zur Implementierung neuer Software beauftragt werden, ganz unabhängig, ob es sich um Closed Source oder Open Source handelt. Dies liegt zumeist daran, dass die eigenen Mitarbeiter ausgelastet sind oder das Customizing (auch bei kommerziellen Produkten) zu kompliziert ist. Es ist also festzuhalten, dass Open Source regelmäßig höhere Ansprüche stellt. Ob dies für eine Firma komplizierter ist und somit unterm Strich mehr Aufwand bedeutet, muss im Einzelfall bewertet werden.

Open Source ist gleich Linux?

Open Source findet sich längst nicht mehr nur im Linux-Umfeld, sondern bildet mehr und mehr die gesamte IT-Landschaft ab. Wurde es ursprünglich nur im Bereich der Infrastruktur eingesetzt, basieren heute selbst spezifische Anwendungen auf Open Source. Sehr erfolgreich ist Open Source in den Bereichen Portale, Web Content Management, Dokumentenverwaltung (Alfresco), Kundenmanagement (SugarCRM) oder Datenauf- und -weiterverarbeitung (Palo, Pentaho, Jaspersoft).

Aktuell ist die Entwicklung zu beobachten, dass Kapitalinvestoren Open-Source-Firmen unterstützen und diesen so ermöglichen, Know-how für die Weiterentwicklung zu integrieren und auf der Grundlage ihres moderneren Technologieansatzes Kundenanforderungen besser zu bedienen. Auch prominente Unternehmen wie SAP investieren mittlerweile in Open Source. Selbst in bislang nicht so stark entwickelten Segmenten wie dem ERP-Bereich wird es in absehbarer Zeit Open-Source-Alternativen geben. Die Produkte sind seit Langem nicht mehr nur an Linux gebunden, sondern werden auch für andere Plattformen wie Microsoft zur Verfügung gestellt.

Open Source ist hochinnovativ, daher sollte eine Projektentscheidung niemals nur auf „Open“ oder „Closed“ beschränkt werden. Dank der Flexibilität bei der Auswahl von Komponenten und bei der individuellen Anpassung können schneller neue Prozesse und Ideen abgebildet werden als bei proprietärer Software. Open Source lähmt die Innovationen also nicht, sondern unterstützt und beschleunigt sie. Auch das „kollaborative Entwickeln“ ist innovationsfördernd, da bei einer Produktneuerung aus einer Fülle von individuell entwickelten Vorschlägen zurückgegriffen werden kann. Ausgewählt wird am Ende die beste Lösung.

Open Source ist ausschließlich “open“?

Wenn wir unsere Kunden beraten, wollen wir uns nicht in die kompromisslose Open-Source-Sichtweise einreihen, die es ebenso gibt, wie die ausschließliche Microsoft-Verfechtung. Vielmehr geht es uns darum, die beste Lösung im Sinne einer umfassenden Berücksichtigung der Kundenanforderungen zu finden. In unseren Beratungen versuchen wir stets, den Ansatz „Best Source“ zu verfolgen. Dies impliziert eine rational geführte Argumentation basierend auf dem Vergleich zwischen Closed- und Open-Source-Lösungen.

Die Entscheidung für eine Software basiert auf vielen Kriterien wie Wirtschaftlichkeit, Flexibilität, Funktionalität, Sicherheit und Innovation. Sie lässt sich daher nicht auf schwarz und weiß bzw. „open“ und „closed“ reduzieren.

“The arguments for and against open-source-software often get very trivialised, it‘s not a technology issue; it‘s a business issue to do with externalisation.”
(Andy Mulholland, CTO Cap Gemini Ernst & Young)

Open Source ist immer lizenzfrei?

Open-Source-Software mag meist kostenfrei sein, lizenzfrei ist sie deswegen aber nicht. Die meisten Nutzer kümmern sich nicht um die Lizenzthematik, da sie nicht um deren Problematik wissen. Hieraus können aber gerade für Unternehmen große rechtliche Risiken entstehen. Bevor man Open Source nutzt, sollten daher die Lizenzmodelle sorgfältig geprüft werden.

Es gibt derzeit drei Arten von Open-Source-Lizenzmodellen:
Lizenzen ohne Copyleft-Beschränkung (z.B. BSD Lizenz, Apache Lizenz)
Lizenzen mit strengem Copyleft (z.B. Gnu Public Licence – GPL)
Lizenzen mit beschränktem Copyleft (z.B. Lesser Gnu Public Licence – LGPL)

Die Integration mehrerer Open-Source-Tools kann technisch einfach sein, rechtlich jedoch problematisch bis unmöglich. Wird die Software nicht den jeweiligen Nutzungsrechten entsprechend eingesetzt, verliert die Firma das Nutzungsrecht. Bei Bekanntwerden drohen hier Rechtsfolgen gemäß dem Strafgesetzbuch. In der Open-Source-Community werden Rechtsverletzungen derzeit zwar noch nicht im großen Stil verfolgt, jedes Unternehmen sollte sich aber vor dem Einsatz von Open Source zwingend informieren und die Mitarbeiter auf diese Problematik hinweisen.

Open Source nur für Konzerne?

Nein, die Motivation, Open Source in Unternehmen verschiedener Größe einzusetzen, ist durchaus verbreitet. Hierdurch entstehen aber auch firmenabhängige Vorteile und Risiken. In Bezug auf Konzerne fällt aber auf, dass gerade Open-Source-Produkte, die ohne Lizenzkosten auskommen, sehr beliebt sind. Dies ist vermutlich deshalb der Fall, da der direkte Kostenvergleich zu kommerziellen Lösungen aufgrund der Masse stärker zum Tragen kommt.

Kleinere Unternehmen haben aufgrund des geringeren Hebeleffektes hier eher weniger Einsparungen, sind aber durchaus daran interessiert, Kostenvorteile zu realisieren. Aufgrund Ihrer Firmengröße und der damit verbundenen Flexibilität haben sie gegenüber den Konzernen mit ihren starren Strukturen und Prozessen aber die Möglichkeit, das Innovationspotenzial von Open Source voll auszuschöpfen. Sie sind in der Lage, neue Produkte schnell zu testen und dann auch sehr schnell in den Regelbetrieb zu überführen.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus?

Matthias Walter, http://www.tec4net.com
EDV-Sachverständiger und Datenschutzbeauftragter

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Quellen und Links:

Open Source Business Foundation
http://www.osbf.de/

Definition Copyleft
http://de.wikipedia.org/wiki/Copyleft